Trendanalyse 07
Kurzfassung I. Was ist Globalisierung? Die überholte Sichtweise: Globalisierung ist die zunehmende internationale Vernetzung von Märkten. Der aktuelle Stand: Globalisierung ist der Bau einer neuen Machtpyramide. Erstens geht es um den Aufbau von Finanzmacht Finanzintermediäre gelten als die Hauptbeschleuniger der Globalisierung. Zum einen verlagern sie Macht von der realen Wirtschaft an die Finanzwirtschaft. Dieser Effekt ist am deutlichsten in den USA ausgeprägt.
Zum anderen
verlagern sie Macht von den Bürgern an den Finanzsektor. Zweitens geht es um den Abbau politischer Macht. Zum einen wird Macht von Nationalstaaten an Supranationale Organisationen transferiert. Zum anderen wird der Nationalstaat direkt abgebaut: Abbau der Staatsquote, Deregulierung, Privatisierung des Staatsvermögens. Beides verändert die Machtbilanz: Die Entwicklung, das Design und die Vorformulierung wesentlicher Politiklinien mit globaler Bedeutung geschieht auf supranationaler Ebene.
Die
Umsetzung dieser Vorgaben im einzelnen sowie Angelegenheiten von
lediglich nationaler, regionaler oder lokaler Bedeutung verbleiben in
Mit dem Abbau des Nationalstaates wird Bürgerinnen und Bürgern das Instrument genommen, mit dem sie, beginnend mit der Französischen Revolution, ihre Interessen gemeinsam wahrnehmen konnten. II. Der Spezialfall Europa Die überholte Sichtweise: Die EU ist europäisch-autonome Handlungsmacht. Der main stream zeichnet das Bild, die Europäische Union sei ein von Europäern geschaffener Staatenverbund, der originär europäische Interessen vertritt.
Der aktuelle
Stand:
Das Gegenteil ist der Fall: Die EU ist eingebettet in eine globale
Machthierarchie.
In Europa ist dies besonders weit gediehen, Es gehört zu den am weitesten in
Global Governance integrierten Weltregionen. Unter dem Schirm von Global
Governance ist European Governance entwickelt worden. Infolge des Machteinbruches durch zwei Weltkriege waren die europäischen Nationalstaaten gezwungen, der Nation USA auf ihrem Wege in die Einbettung in eine neu entstehende globale Machthierarchie zu folgen. An deren Spitze steht keine Nation mehr, auch nicht die USA, sondern Global Governance. III. Wohin tendiert die weitere Entwicklung?
Die überholte
Sichtweise:
Die Globalisierung ist eine neoliberale Entwicklung.
Der aktuelle
Stand:
Die Globalisierung ist in einer libertären Phase. Dieser lehnt aber sogar Kartell- und Monopolkontrolle ab, er fordert den vollständigen Abbau des Staates. Recht und Ordnung werden durch den Markt hergestellt. Politisch ist angebracht, diese Schule ernst zu nehmen. Die Globalisierung hat sich nämlich seit 1973 im Grunde Schritt für Schritt in die Richtung bewegt, wie vom Libertarismus beschrieben. Erhellend: Einer der ganz Großen von Global Governance, Alan Greenspan, bekennt in seiner neuen Autobiographie: „I am a lifelong libertarian republican“. IV. Eingriff in die Globalisierung 1. Möglichkeiten der Gegensteuerung Durch Global Governance entsteht eine neue Weltmachthierarchie. Es geht um das Setzen von globalen Mustern. Das ist aber kein zwangsläufig ablaufender Prozess. Er wird von Menschen gestaltet und ist beeinflussbar. Global Governance entwickelt sich aber nicht hin zum globalen Regieren („Global Government“). Global Governance bewegt sich vielmehr weg davon. Die wichtigen Entscheidungen trifft nicht mehr das Parlament, sondern der Markt. Ein Blick auf den weltweit ablaufenden Prozess zeigt aber, dass durchaus Gegenkräfte entstanden sind. Innerhalb der neuen Machtpyramide haben sich Weltblöcke herausgebildet: Russland, Japan, Südamerika, China. 2. Nah- und Fernziel für einen Eingriff
Heute wird
weitsichtig über den Aufbau weltstaatlicher Strukturen mit einer anderen
politischen Qualität diskutiert (Demokratisierung der Globalisierung).
3. Europa
als Weltblock Wenn Europa seine besonders ungünstigen Abhängigkeitsverhältnisse noch einmal ändern will, dann muss es ebenfalls zu einem der Weltblöcke aufsteigen. Der main stream treibt das Modell einer ungebremsten Ausdehnung der Fliehkräfte in Europa voran und verfolgt den weiteren Abbau der Demokratie.
Dieses Europa
liegt nicht im Interesse seiner Bürgerinnen und Bürger. In deren Interesse
liegt vielmehr die Option „Europa als Weltblock“.
|