Trendanalyse 11

Governance II
Goldman Sachs will die EZB steuern

Kurzfassung
 

Ein neuer Kandidat für den Chefposten der Europäischen Zentralbank gerät immer stärker in den Blick: Mario Draghi, der Präsident der italienischen Notenbank.

In gängigen Medien wird er seit Monaten hochgeschrieben: Der Finanzexperte, an dem kein Weg vorbei geht. „Der beste Mann, den Europa aufbieten kann“ (Hans-Jürgen Schlamp, Spiegel-online, 21. 02. 11).

Nun unterstützt auch Frankreichs Präsident Sarkozy seine Kandidatur - im Zuge eines ausgesprochenen Kuhhandels um Migrationsprobleme. Und Spanien; und Luxemburg.

Ihm haftet zwar ein Makel an: Als Italiener gehört er einem der Südländer mit einem Schuldenproblem an. „Ein Mann der Lira“ wolle Präsident der Euro-Bank werden, „das darf ja wohl nicht wahr sein“ (Bild-Zeitung 11. 3. 2011).

Wichtiger als diese Herkunft aber ist die systemische Einordnung dieses Vorgangs.

Draghi war von 2002 bis 2005 Executive (Vizepräsident) bei Goldman Sachs, einem der  wichtigsten Player von Global Financial Capital (GFC). Die New York Times hat genau in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass „diese Investment Bank 2001 die Führung bei einer Transaktion in Derivaten hatte, die es Griechenland erlaubte, Bewerbungsunterlagen so herzurichten, dass es in die Euro-Zone aufgenommen wurde“.

Hoping to Lead Bank, Italian Faces Hurdles

 “French officials are among those expressing reservations about Mr. Draghi because he was an executive at Goldman Sachs from 2002 to 2005. The investment bank was the lead manager for a 2001 derivatives transaction that allowed Greece to dress up its books in a way that brought it into the euro club”.

New York Times;  Global Business
by LIZ ALDERMAN and JACK EWING                               
Published: February 24, 2011

 

Hier bahnt sich ein weiteres Lehrstück für den dramatischen Vormarsch von Governance an.

Die US-Zentralbank wird schon lange von GFC kontrolliert. Alan Greenspan, Ben Bernanke haben mit ihrem Kurs einer inflationären Geldpolitik die globale Verschuldung der USA auf ein Niveau getrieben, das auf Abgründe zusteuert.

Bei der EZB war das in der Vergangenheit noch etwas anders. Hier wurde noch eine andere Stabilitätskultur verfolgt. Im Zuge der weltweiten Finanzkrise sind auch hier erste Auflösungserscheinungen zu registrieren. Mit einem gigantischen Ankaufsprogramm von Staatsanleihen ist der Präsident der EZB auf den von GFC vorgegebenen Kurs eingeschwenkt.

Und nun also Draghi.
Er wird die EZB, eine zentrale Institution von European Governance, ganz auf die Interessen von Global Financial Capital ausrichten. Der größten Investmentbank soll direkter Zugriff auf die Europäische Notenbank verschafft werden. Welch ein Informationsvorsprung vor allen anderen Banken.
Er hat schon jetzt das Überschreiten der roten Linie, den Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB, durch Schweigen mitgetragen. Axel Weber hatte sich dagegen noch zur Wehr gesetzt.
Er trägt unmittelbar Verantwortung dafür, dass der Großschuldner Griechenland seine Bücher so frisieren konnte, dass er in die Währungsunion aufgenommen wurde.

Auf der Strecke dieses klar erkennbaren Kurses bleiben europäische Bürgerinnen und Bürger. Sie werden – wie die Amerikaner schon jetzt  – ihren Wohlstand einbüßen.   

Finanzminister Schäuble ist den Weg von Government zu Governance bereits gegangen. Er hat die Abtretung unserer fiskalischen Souveränität eingeleitet (siehe Governance I).

Und BK Merkel? Wird sie so weit gehen, nun die EZB direkt an GFC auszuliefern? Wird sie das Stabilitätsinteresse von 90 % der Bürger opfern?

Die Frage drängt sich auf: Wie lange wollen eigentlich insbesondere die Parteimitglieder innerhalb der CDU diesen Absturz noch weiter tolerieren? Wenigstens die Älteren dort haben doch selbst erlebt, wie es unseren Eltern ergangen ist.

Quelle: MacroAnalyst.de                             
alle Rechte vorbehalten                                  Mai 2011

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