Trendanalyse 13 

Multipolarity - The New Global Economy

Kurzfassung

Die Weltbank sieht einen breiten Trend zur Multipolarität in einer neuen globalen Ökonomie. So in einer umfassenden Studie über den Stand und die Perspektiven der Globalisierung.

I.  Der strategische Kern der Analyse:

Die Entwicklung von Globalisierung und Machtblöcken

In den letzten beiden Dekaden hat die globale Ökonomie eine wesentliche Transformation gesehen. Die Schwellenländer  (Brazil, China, India, Indonesia, and the Russian Federation) wuchsen zu einer Macht bei weltweiter Produktion, Handel und Finanzen heran.

Innerhalb der nächsten beiden Dekaden wird der Aufstieg der Schwellenländer  deshalb unweigerlich durchgreifende Auswirkungen für die globale Wirtschaft und für die geopolitische Hierarchie haben. Sie werden den Weg für eine multipolare Weltwirtschaft pflastern.

Multipolare Welt und globale Wirtschaftspolitik

In einer multipolaren Welt werden neue Machtzentren zunehmend miteinander konkurrieren. Multipolarität macht deshalb eine neue globale ökonomische Steuerung erforderlich (Global Economic Governance).

Die Staaten sollten schleunigst ihre Antworten auf die globalen Ungleichgewichte besser koordinieren, sollten die Regulierung der Finanzen verbessern, und sollten die allseitige Aufsicht über die makroökonomische Politik ausbauen. 

Multipolare Welt und die Konsequenzen für das Weltwährungssystem

Bislang hatte der US-Dollar die Führungsrolle.  Aber jetzt stehen ihm Rivalen gegenüber. Gegenwärtig ist der Euro noch die wichtigste Alternative.              

Künftig werden die Währungen der Schwellenländer, speziell der Renminbi, eine größere Rolle im internationalen Finanzsystem spielen.

Als wahrscheinlichstes Szenario bezeichnet die Weltbank deshalb ein Multiwährungssystem. Darin würde die vorherrschende Rolle des US-Dollar irgendwann vor 2025 enden. Zugleich übt sie jedoch an einem solchen multipolaren Währungssystem heftige Kritik.

Ganz offen setzt sie sich stattdessen für die Stärkung der Special Drawing Rights des Internationalen Währungsfonds ein. Dieser könne die Führung für ein neues  Multiwährungs-Regime übernehmen.
 

II.  Zwei Korrekturen am Weltbank-Muster

Zwei Korrekturen an der dargelegten Position der Weltbank sind notwendig.

Korrektur-I:  
Scheinbar multipolar - tatsächlich ein unipolares System

Die Weltbank belegt es gut: Die Schwellenländer wachsen und konzentrieren in ihren Wachstumspolen einen größeren Anteil der Macht in der Welt.

Die Weltbank bleibt prinzipiell dabei einer Art geografischer Sichtweise verhaftet – der Blick läuft immer den Linien der Weltkarte entlang.

Positiv hervorzuheben ist, dass sie die neue Multipolarität wenigstens mit einer Dimension von Macht verknüpft. From 2011 to 2025 - the rise of emerging economies will inevitably have major implications for the global economic and geopolitical hierarchy”.  Aber: Es ist nur eine geopolitische Hierarchie, die herausgestellt wird. Der Text behandelt Macht durchgängig in Verbindung mit Wachstumspolen. Größere ergeben mehr Macht, kleinere weniger. 

Das eigentlich Aufregende wird damit schon lange nicht mehr erfasst: Die Superstruktur, die sich immer klarer erkennbar über diesen Basisbewegungen aufzubauen beginnt. Der Bau einer neuen Machthierarchie oberhalb der geografischen Vernetzung, das ist die wesentlich wichtigere (die Weltbank sieht dies natürlich, sie gebraucht z.B. den Begriff des „Global Economic Governance“.  Aber sie arbeitet diese Machthierarchie nicht heraus).

Multipolarität sieht sie lediglich als unvermeidbaren Zwischenstand. Propagiert wird tatsächlich  – etwas versteckt, doch deutlich erkennbar – das eigentliche Ziel: Ein unipolares Weltsystem. Das ist die andere Dimension von Macht. Die Empfehlung für SDR sowie die Benennung des Internationalen Währungsfonds als Führer der Leitreformen ist eindeutig. Der IWF nämlich setzt allein und explizit auf ein unipolares Währungssystem, SDR-zentriert. Die Weltbank folgt dem.

Korrektur-II:
Wie wird sich der Übergang zum multipolaren System vollziehen?

Mit schonungsloser Klarheit wird in ihrem wahrscheinlichsten Szenario die vorherrschende Rolle des US-Dollar „irgendwann vor 2025“ enden. Das wäre das Ende der US-zentrierten Globalisierung der Nachkriegszeit. Folgerichtig fragt die Weltbank: „Wie kann der Übergang zur Multipolarität ohne eine fundamentale Reform des internationalen Währungs- und Geldsystems geglättet werden“? Insgesamt versucht sie den Eindruck zu erwecken, als sei ein geglätteter Übergang denkbar.

Bürgerinnen und Bürger müssen sich dieselbe Frage stellen. Mindestens deswegen, um nicht bei ihren kleinen Depot-Strategien völlig überrascht zu werden:

In Zeiten von Global Financial Capital wird heute diese Frage an den Finanzmärkten entschieden. Und da geht vieles über Nacht, per Mausklick.

Die Ablösung des US-Dollars als Weltleitwährung wird sich nicht „geglättet“ vollziehen.  Der Dollar – das ist die größte Blase der gesamten  Wirtschaftsgeschichte. Die Kombination von unbegrenztem Gelddrucken bei gleichzeitigem Verfall der operativen Basis in diesen Größenordnungen ist einmalig. Den Dollar-Besitzern in aller Welt wird immer mehr klar, dass sie auf der Währung eines Landes sitzen, das Verschuldungsrekorde aufstellt.

Wenn der Punkt erreicht ist, an dem eine kritische Masse von Devisenbesitzern erkennt, dass sie buchstäblich auf Papier sitzen, werden sie fluchtartig aus dem Dollar aussteigen. Dann wird der Dollar fallen  wie ein Stein – mit unabsehbaren weltwirtschaftlichen Verwerfungen.

Ein geglätteter Übergang? Illusion.
 

Quelle:
Weltbank
Global Development Horizons 2011


MacroAnalyst.de


Juli 2011

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