USA, das Modell für Europa?

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1.   Zur Qualität der untersuchten Makrokette

Sind die USA das Wirtschaftsmodell für Europa?
Wir haben dazu eine Kette von Makrodaten analysiert. Es handelt sich nicht um willkürlich zusammengesuchte Einzelfakten. Es handelt sich vielmehr um fundamentale Aggregate aus der Spitze der makroökonomischen Informationspyramide.
Alle acht Kettenglieder unterstützen sich gegenseitig. Sie zeigen in dieselbe Richtung und ermöglichen ein plausibles Gesamturteil.

MacroAnalyst stellt Fakten, und nicht Meinungen in den Vordergrund. Vor allem jedoch werden alle Phänomene mit langen Zeitreihen untermauert. Dies bietet die Möglichkeit, dominante Muster übersichtlicher zu entdecken. Dies bietet die Chance, den Wahrheitsgehalt heute vorherrschender kurz- bis mittelfristiger Analysen zu überprüfen.

In den Boomzeiten der 90er Jahre gelang es, weltweit ein Bild von der US-Wirtschaft zu zeichnen, dessen Überschrift "phenomenal performance" hieß. Wir sehen das hohe Wachstum, decken jedoch auch auf, welchen Preis es hat.

 

2.   US-Modell ist kurzfristig und binnenwirtschaftlich orientiert

Unsere Makrokette belegt, dass das US-Modell auf kurzfristige Interessen und einseitig binnenorientiert ausgelegt ist:

Hoher Konsum und niedrige Investitionen führen zu einem Produktivitätsrückstand.
Das niedrigere Wachstum der Produktivität führt zu zweierlei:

Erste Konsequenz ist ein hoher Beschäftigungsstand. Wegen der nachhinkenden Produktivität müssen Amerikaner mehr und länger arbeiten. Das Wachstum ist extensiv.

Zweite und alles entscheidende Konsequenz ist ein deutlicher Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Für die Messung der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes sind die Handels- und Leistungsbilanz Kriterium Nr. 1.  Die Gesamtperformance einer Ökonomie im Weltverbund mit allen anderen bündelt sich in der Handels- und Leistungsbilanz wie in einem Brennglas.

Handels- und Leistungsbilanz weisen seit 30 Jahren Exportdefizite aus. Diese Defizite haben ein unglaubliches Ausmaß erreicht. Die Parallele zum politischen Blickwinkel ist unübersehbar: Im Zentrum steht das Binnenland, das Ausland wird tendenziell ausgeblendet. Globalisierung jedoch verlangt, die ganze Welt in den Blick zu nehmen.

 

3.   Die negative Leistungsbilanz unterminiert die Weltmacht

Leistungsbilanzdefizite ziehen Verluste an Netto-Auslandsvermögen nach sich. Die USA hatten bereits 1986 ihr nach dem II. Weltkrieg vorhandenes Netto-Auslandsvermögen aufgezehrt. Seitdem führen die Leistungsbilanzdefizite zu einem negativen Vermögensstatus.

Inzwischen halten Ausländer in den USA ein höheres Vermögen, als Amerikaner im Rest der Welt.

Dies führt zu einem Verlust wirtschaftlicher Macht. Der Nettoverlust an Auslandsvermögen spiegelt die Einbußen an wirtschaftliche Führungskraft.

Die Erosion zeigt sich zuerst in den operativen Einheiten, den Unternehmen. Da diese die Basis der USA sind, zieht der ökonomische Machtverlust langfristig unweigerlich einen Verlust politischer Macht nach sich.

Schritt für Schritt wird der Überbau der Weltmacht unterminiert - die Kehrseite der "phenomenal performance".
Dies ist der Preis, den Amerika für seinen Wachstumskurs zu zahlen hat.

 

4.   Mitverantwortung der US-Finanzwirtschaft  für den Niedergang

Die Defizite in der Handels- und Leistungsbilanz sind ein strukturelles Phänomen. Aber eine strikt kurzfristigen Interessen verpflichtete Finanzpolitik hat in den USA den Niedergang weiter vorangetrieben. Auf die vorhandenen Defizite eine "Policy of A Strong Dollar" zu setzen, hat das Tempo noch beschleunigt. Dies hat den langfristigen Interessen der US-Industrie zusätzlich geschadet.

 

5.   Europa muss seinen eigenen Weg gehen

Die hier gezeigten Trends belegen klar, dass die USA keine wirtschaftliche Führungsrolle (im Sinne von Leadership) bei der Globalisierung haben. Das Versinken in Handels- und Leistungsbilanzdefiziten sowie in einer internationalen Verschuldung jedenfalls können nicht Europas Ziel sein.

Das zusammenwachsende Europa muss weiter einen eigenen Weg gehen, der die amerikanischen Fehlentwicklungen zu vermeiden versucht.  Die USA sind nun einmal nicht der Weltpionier hinsichtlich der Entfaltung ökonomischer Effizienz.  Wir können uns  an diesem Niedergang nicht orientieren.

Es macht einen entscheidenden Unterschied, ob die USA als makroökonomisches Vorbild missverstanden werden oder ob ein Weg gesucht wird, der von den hier gezeigten Ist-Stärken Europas ausgeht.

Entscheidend für das zusammenwachsende Europa ist, dass Führung mehr bedeuten muss, als auf von anderen Ökonomien ausgelöste Zwänge zu reagieren. Wirtschaftspolitische Steuerung muss heißen, einen eigenständigen Weg zu finden, der die amerikanischen Fehlentwicklungen ins Auge fasst und sie zu vermeiden versucht.  

Erster Schritt auf diesem Wege muss sein, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen, um sich vom Zerrbild "role model USA" zu lösen. Dies ist ein wichtiger Baustein für ein neues europäisches Selbstbewusstsein und für die Bildung europäischer Identität.